Piestingtalpedia > Geschichte der Pfarre Pernitz bis zum 16. Jh.

Die ersten Siedler im Pfarrgebiet

Die dichten und undurchdringlichen Wälder, die sich einst durchgehend vom Alpenland bis zur Pannonischen Tiefebene erstreckten, wurden zuerst entlang von Flussläufen wie jenen des Piestingtales besiedelt. Archäologische Funde belegen, dass Menschen bereits in der Jungsteinzeit (6000-2200 v.Chr.) im Tal lebten. Auf dem Hausstein in Muggendorf reichen frühesten Funde in die Zeit der Badener Kultur (3400-2800 v. Chr.) zurück und im Parzental bei Pernitz wurde 1868 eine Lanzenspitze aus der Späten Bronzezeit (1300-2800 v. Chr.) gefunden. Im 2. Jh. v. Chr. hatten die Kelten mit dem Königreich Norikum das erste politische Gebilde auf österreichischem Boden errichtet.
Ihre Herrschaft wurde durch Rom beendet, das um die Zeitenwende die Gebiete als die Provinzen Noricum und Pannonia in sein Weltreich eingliederte. Aus dieser Zeit stammt eine bemerkrnswerte Emailscheibenfiebel, die auf dem Muggendorfer Kreuth beim Hofbauern gefunden wurde. Aufgrund einiger weiterer Funde wurde gemutmaßt, dass in Pernitz eine kleine römische Siedlung bestand, doch können diese Stücke auch durch Handelsbeziehungen erklärt werden. Jedenfalls dürften römische Soldaten die ersten Christen in der Gegend gewesen sein. 488 n. Chr. mussten infolge des Zusammenbruches des Römischen Reiches der Donaulimes aufgegeben werden. In den folgenden Jahrhunderten siedelten sich Slawen an, die noch ihrer ursprünglichen Religion anhingen.

Früh- und Hochmittelalter

Nach dem Sieg Karls des Großen über die Awaren 796 kamen bayerische und fränkische Siedler ins Land, wobei das von den Slawen schwach besiedelte Waldland größtenteils unberührt blieb. Im Jahr 1020 schenkte Kaiser Heinrich II. dem Kloster Tegernsee unter dem Abte Ellinger fünf Königshufen zwischen den Flüssen Piesting und Triesting mit freiem Verfügungsrecht zum Nutzen des Klosters. Für einige Jahrzehnte bedrohten noch die Magyaren das Gebiet, bis sie endgültig zurück gedrängt wurden und Mitte des 11. Jh. eine zweite Siedlungswelle einsetzte, bei der die Bayern und Franken durch große Rodungsunterfangen das Land bäuerlich kolonialisierten und sich mit der slawischen Urbevölkerung vermischten. Zu dieser Zeit kehrte das Christentum ins Tal zurück. Die älteste Pfarrerrichtungsurkunde des Piestingtales berichtet von der Gründung der Pfarre Waldegg im Jahre 1136 durch Adalram von Waldeck.

Auszug aus dem Orginal Codex Falkensteinensis

Die Grafen von Falkenstein und Neuburg, zugleich Vögte von Tegernsee, hatten das Gebiet zwischen Piesting und Triesting in Besitz genommen. Herrand von Falkenstein erbaute um 1050 zwischen den beiden Flussläufen eine Burg, Herrandistein (Burgruine Hernstein). Im Sommer 1166 ließ Graf Siboto IV. von Falkenstein-Neuburg den berühmten Codex Falkensteinensis verfassen. Darin wird neben seinen Besitzungen in Hernstein auch Pernitz mit 3 Huben, 3 Hofstätten und einer Mühle erwähnt.
Der Urwald reichte bis in die Täler hinab und es muss den wenigen Bauern schwer gefallen sein, den Böden der gerodeten Flächen genug zum Leben abzutrozen. Wahrscheinlich gab es in der Siedlung bereits eine kleine Holzkirche.

Stift Neuberg und der Beginn der Pfarre Pernitz

Im Jahr 1327 stiftete der Habsburger Herzog Otto der Fröhliche aus Anlass der Geburt seines Sohnes Friedrich ein Zisterzienserkloster in Neuberg an der Mürz, das in den folgenden Jahrhunderten auch für die Pfarre Pernitz große Bedeutung erlangen sollte.
Im selben Jahr soll Pernitz bereits eine Pfarre gewesen sein, so berichtet die Kirchliche Topographie (1826), leider ohne Angabe einer Quelle. Die Pfarre Waidmannsfeld dagegen bestand zweifellos bereits 1241 und unterstand, weil sie südlich der Piesting lag, dem Erzbistum Salzburg, während die Orte nördlich des Flusses zum Bistum Passau gehörten. Für Lange Zeit war der Fluss Bistumsgrenze und auch Grenze zwischen dem österreichischen und dem karantanisch-steirischen Einflussbereich.
Nach dem Absterben der Grafen Falkenstein auf Hernstein gelangte dieses Gut und damit auch das Amt Pernitz 1380 in den Besitz des Landesfürsten Herzog Albrecht III. Die gut dotierte Pfarre Hernstein wurde eine Commendativpfarre, d. h. einflussreiche Pfarrherren aus der Umgebung des Landesfürsten erhielten die Pfarre verliehen, um die Pfründe genießen zu können.
Im Juli 1396 brach in der Bäckerei des Klosters Neuberg ein Feuer aus, das weite Teile des Klosters und des Dorfes vernichtete. Die Aufbauarbeiten mehrerer Mönchsgenerationen war binnen kurzer Zeit vernichtet. Doch das Kloster wurde nicht aufgegeben, sondern neu errichtet und sollte im kommenden Jahrhundert seine größte Blüte erleben.
Mitte des 15. Jh. wurde das Schicksal der Pfarre Pernitz mit dem des Stiftes Neuberg verknüpft. Die Erzherzöge Otto und Albrecht hatten nach der Stiftung dem Kloster jährlich 200 Mark Silber gezahlt. Nachdem die Zahlung länger ausgeblieben war, war der Bau ins Stocken geraten. Der Abt sprach vor und König Friedrich III. vermachte dem Stift als Ersatz die landesfürstliche Pfarre zu Hernstein auf ewige Zeiten. Abt Johannes I. nahm im Jahr 1447 die Pfarre in Besitz. Zu ihr zählten auch die beiden Filialen Wopfing und Pernitz. Im selben Jahr wird mit Veit der erste bekannte Pfarrer von Pernitz erwähnt. In der Pfarrchronik ist die Rede von einer Zeit, als jeden dritten Sonntag ein Zisterzienserpater im weißen Habit auf dem Pferd von Hernstein kam, um die Messe zu halten. Aufgrund der großen Entfernung zur Mutterpfarre war man aber sicher bestrebt, Pernitz eine größere Eigenständigkeit zu geben als Wopfing.

Stift Neuberg heute

Das Stift Neuburg erlebte im 15. Jh. seine Blüte mit bis zu 30 Mönchen. Von 1461 bis 1496 wurden Kloster und Kirche neu aufgebaut. Zu dieser Zeit, spätestens aber nach Abschluss dieser Arbeiten, dürfte Neuburg in Pernitz den Bau einer Kirche aus Stein veranlasst haben. Die Zisterzienser statteten ihre Kirchen statt mit Türmen lieber mit mit Dachreitern aus. Einen solchen trug auch der spätgothische Bau in Pernitz. Der Altarraum dieser Kirche blieb bis heute erhalten. Die Mönche errichteten auch den ersten Pfarrhof und die erste Schule.
Muggendorf gehörte nicht wie Pernitz zur Herrschaft Hernstein, sondern war neben St.Veit an der Triesting und Furth ein Amt der Herrschaft Pottenstein, die damals den Titel einer Grafschaft führte. Schon damals (1489) gab es an den Myrafällen Sägemühlen und man nutzte die Wasserkraft auch längst für Eisenhämmer.
Die Pfarre Pernitz war so arm, dass die Einkünfte kaum für den Priester reichten. Daher mag man im Stift Neuberg den Gedanken gefasst haben, dass vielleicht eine Wallfahrt geeignet wäre, die Einkünfte der Pfarre zu erhöhen. So wurde gegen Ende des 15. Jh. (warscheinlich zwischen 1496 und 1507) auf dem Sebastianikogel eine kleine dem hl. Sebastian geweihte Kirche nebst einer Anna-Kapelle errichtet, die sich in den folgenden zwei Jahrhunderten zu einem bedeutenden Wallfahrtszentrum und wichtigen Wirtschaftsfaktor für Pernitz entwickelte.

Türkennot

Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 flohen viele Einwohner nach Norditalien und brachten Kopien alter Schriften mit, die durch den eben erfundenen Buchdruck verbreitet wurden und eine Wiederentdeckung der Antike einleitete. Zugleich wurde während dieser Renaissance eine neue Wissenschaft entwickelt, die großen Seefahrer entdeckten die Welt jenseits Europas und einzelne Männer traten an, den Glauben der Kirche zu reformieren. Das Mittelalter ging zu Ende und das osmanische Reich breitete sich unaufhaltsam nach Westen aus. Nach der Eroberung Bosniens litten Kärnten und die Südsteiermark jahrzehntelang unter türkischen Einfällen. Dann, 1526, schlugen die Osmanen in der Schlacht von Mohács die Ungarn. Um Erzherzog Ferdinand von Habsburg daran zu hindern, den verwaisten ungarischen Thron zu besteigen, führte Süleyman I. im Spätsommer 1529 ein 270.000 Mann starkes Heer an Wien heran. Die 19.000 Verteidiger unter Niklas von Salm wehrten sich drei Wochen land tapfer, bis sich die Angreifer nach großen Verlusten in ihre Heimat zurückzogen.
Im Jahr 1532 aber führte der Sultan abermals ein Heer an, stieß jedoch auf gewaltige Gegenkräfte und verzichtete auf eine erneute Belagerung Wiens. Seine Streitscharen verheerten jedoch Westungarn (Burgenland), das Wiener Becken und Teile der Steiermark, bevor sie wieder abzogen. Diese Reitertruppen waren die Akıncı, die Renner und Brenner. Ihre Aufgabe war es, die Bevölkerung zu terrorisieren und Vorräte für das Hauptheer heranzuschaffen. Als irreguläre Truppen lebten sie allein von ihrer Beute, sodass sie Geld, Gebrauchs- und Wertgegenstände sowie Vieh raubten. Am begehrtesten aber waren Menschen, die auf den osmanischen Sklavenmärkten hohe Preise erziehlten. Zu Tausenden wurden Männer, Frauen und Kinder als Sklaven weggeführt, während die Untauglichen ermordet wurden.

Wie man dan alleñthalbn in den Waelden / pergn / vñ auf den Strassen / auch im gantzn Leger / erslagn leutt / die kind von einander gehawn oder auf den Spissen stekhendt / den Swangern weibern die frücht aus dem leib geschnittn vñ nebn den muottern des erbarmkhlich zuosehen ist vor augen ligen siecht vñ funden werde,

schreibt ein Augenzeuge. 200.000 Menschen wurden bei diesen beiden Feldzügen der Osmanen verschleppt oder umgebracht.
In beiden Jahren gelangte der Feind auch in das Gebiet der Pfarre Pernitz. Von der belagerten Stadt Wiener Neustadt aus drangen die Streifscharen 1529 in das Piestingtal ein. Hunderte Menschen suchten auf der Festung Starhemberg Schutz. Auch die Burg Gutenstein konnte nicht eingenommen werden, während die Orte geplündert und niedergebrannt wurden.
Über das Geschehen in Pernitz existieren keine historischen Quellen, doch das völlige Fehlen kirchlicher Dokumente scheint darauf hinzudeuten, dass es wie in den Nachbarorten zu großen Verwüstungen kam. Im August 1532 verheerten die Akıncı unter Mihaloglu Kasim Bey vom Wiener Neustädter Becken her kommend abermals das Piestingtall. Unter anderem wurde der Schallhof niedergebrannt. Am 18. September gelangte der Bey mit etwa 11.000 Akıncı nach Pottenstein im Triestingtal. Er beabsichtigte, sich mit der bereits auf dem Rückzug befindlichen Hauptarmee zu vereinigen.
Pfalzgraf Friedrich aber erwartete die Türken mit seinen Truppen bereits am Ausgang des Triestingtales und schickte am Abend den wagemutigen Landsknechtführer Sebastian Schertlin von Burtenbach voraus, um die Türken auszukundschaften. Man stieß auf einen drei Mann starken Wachposten, zwei der Türken entkamen und alarmierten ihr Lager. Sofort brach ein Teil der Akıncı in das Piestingtal auf. Dabei dürfte es am Feichtenbacher Geyer, wo die christlichen Truppen vermutlich den Weg zu sperren versuchten, zu einem Scharmützel gekommen sein. So erklären sich die Funde von Pfeilspitzen und türkischem Reitzeug, die dort gemacht wurden. Die Türken brachen jedoch durch und flohen bei starkem Nebel vermutlich zügig talauswärts, wobei noch Hernstein und Piesting niedergebrannt wurden. Die Hauptschar jedoch wurde von Schertlin in die Ebene hinausgetrieben, wo sie sich einer christlichen Übermacht stellen musste. Die Akıncı versuchten in verschiedene Richtungen zu entkommen, aber alle Scharen wurden im Lauf des Tages aufgerieben.

Ein Bauernaufstand

Um 1515 noch zählte man in Pernitz 42 Feuerstätten (5 Höfe, 25 Hofstätten, 12 Lehen) sowie eine Mühle. Wie sehr die Bevölkerung durch die beiden Türkenjahre dezimiert wurde, lässt sich mangels Quellen nicht sagen. Die Feudalgesellschaft gründete auf der Arbeit des Bauernstandes. Dieser musste Fürsten, Adel, Klerus, Beamte und Patrizier miternähren. Durch die für Verteidigungszwecke eingehobenen Türkensteuern, schlechte klimatische Bedingungen und Preissteigerungen wurde es für die Untertanen aber immer schwieriger, ihren Pflichten nachzukommen und ihr Leben zu bestreiten.
Daher kam es vielerorts zu Bauernaufständen. 1542 kam die Herrschaft in Merkenstein, zu der das Amt Muggendorf gehörte, an Franz von Ficin, der Recht und Gesetz missachtete, die Abgaben und den Robot erhöhte. Unter der Führung des Muggendorfer Bauern Plöckensteiner und seiner drei Söhne kam es zu einem Aufstand der Bauern. Zwei der Söhne wurden zum Tod verurteilt, nachdem ein Mordversuch auf Ficin fehlgeschlagen war. Während Ficins Herrschaft sank die Anzahl der behausten Untertanen im Gebiet von 300 auf 170. Noch Jahrhunderte später sprach man bei Sturmgeheul in der Gegend davon, dass dies der böse Fici sei, der keine Ruhe finde.

Quelle: Andachtsstätten und sakrale Flurdenkmäler in Pernitz, Muggendorf und Neusiedl